Silvestrov – Requiem für Larissa
Das »Requiem für Larissa« schrieb der ukrainische Komponist Valentin Silvestrov als Trauernder nach dem unerwarteten Tod seiner Ehefrau Larissa. Die Live-Aufnahme eines Konzertes von 2011 präsentiert BR-KLASSIK anlässlich Silvestrovs 85. Geburtstags. Andres Mustonen leitet den BR-Chor mit Solisten sowie das Münchner Rundfunkorchester.
Diapason d’or (10/2022)
Jetzt online bestellen & reinhörenValentin Silvestrov
Requiem für Larissa
Priska Eser Sopran
Jutta Neumann Alt
Andreas Hirtreiter Tenor
Wolfgang Klose Bass
Michael Mantaj Bass
Chor des Bayerischen Rundfunks
Tanja Wawra Choreinstudierung
Münchner Rundfunkorchester
Andres Mustonen Leitung
Live-Aufnahme aus der Münchner Herz-Jesu-Kirche vom 17. Juni 2011
CD, BR-KLASSIK 900344
DER KOMPONIST Der 1937 in Kiew geborene Valentin Silvestrov zählt zu den bekanntesten ukrainischen Komponist. Er studierte am Kiewer Konservatorium. Mit seiner 1963 geschaffenen ersten Symphonie, die er beim Examen in Komposition dort präsentierte, stieß er jedoch auf Ablehnung, da man seinerzeit Werke im Stil des sozialistischen Realismus erwartete. Seine Musik war dagegen avantgardistisch. Um 1970 wandelte sich sein Stil zu einer Art von »Neo-Romantik«, wonach sich seine Kompositionen weiter verbreiteten. Auch in Westeuropa und vor allem in den USA wurde er bekannt. Nicht von ungefähr wird sein Name oft im gleichen Atemzug mit Arvo Pärt, Pēteris Vasks oder Gija Kantscheli genannt. Nach dem Ende der Sowjetunion wurde er mit angesehenen Kunstpreisen sowie dem Verdienstorden der Ukraine ausgezeichnet. Der russische Überfall auf die Ukraine zwang Silvestrov im März 2022 zur Flucht mit Tochter und Enkelin nach Berlin.
DAS WERK Sein Requiem für Larissa schrieb Silvestrov als Reaktion auf den unerwarteten Tod seiner Ehefrau, der Musik- und Literaturwissenschaftlerin Larissa Bondarenko, die vom Beginn seines künstlerischen Schaffens an seiner Seite gestanden hatte und 1996 verstorben war. 1999, kurz vor der Jahrtausendwende, konnte er sein Requiem vollenden. Silvestrov vertonte kein Drama des Jüngsten Tages, wie vor ihm Mozart, Berlioz oder Verdi, sondern er schrieb einen Klagegesang in schier endlosen, weltverlorenen Wiederholungen. Er schritt aus der Gegenwart in die Vergangenheit, kommentierte das gemeinsame Leben mit Erinnerungen an Musik, die Larissa inspiriert hatte, mit tiefsinnigen Anspielungen, Rückblicken und Nachworten persönlichster Natur. Silvestrov vertonte die Worte der lateinischen Totenmesse, aber er komponierte keine Messe, keine liturgisch gebundene oder kirchlich kompatible Musik. Die theologische Ordnung der katholischen Totenmesse ist in seinem siebensätzigen Requiem unwiderruflich aufgelöst. Als wäre die religiöse Gravitation aufgehoben, treiben vereinzelte Wörter frei und verloren aus- und durcheinander. Mit »Requiem aeternam« beginnt und endet das Werk. Zuletzt rauscht nur noch der Wind aus dem Synthesizer, und ganz zum Schluss ein Echo des Windes.