El Niño

Münchner Rundfunkorchester – 2. Paradisi gloria
Freitag
6
Dezember 2024
20.00 Uhr
München-Neuhausen, Herz-Jesu-Kirche
Konzert in München

Programm

John Adams
El Niño – Nativity Reconsidered
für Soli, Chor und Kammerorchester in der Konzertfassung von Christian Reif

Libretto nach Originaltexten zusammengestellt von Peter Sellars und John Adams. Konzept von Julia Bullock

  1. La anunciación – Se habla de Gabriel
  2. Magnificat
  3. Shake the heavens
  4. Pues mi Dios ha nacido a penar
  5. When Herod heard
  6. And the star went before them
  7. The three wise kings
  8. And when they were departed
  9. And he slew all the children
  10. Memorial de Tlatelolco
  11. Pues está tritando
  12. A palm tree – Una palmera

Mitwirkende

Julia Bullock Sopran
Rachael Wilson Mezzosopran
Kyle Sanchez Tingzon Countertenor
Davóne Tines Bassbariton
Chor des Bayerischen Rundfunks
Max Hanft Einstudierung
Münchner Rundfunkorchester
Christian Reif Leitung

Das groß angelegte »Opern-Oratorium« des bekannten amerikanischen Minimal-Music-Komponisten John Adams aus dem Jahr 2000 für konzertante Aufführungen erreichbar zu machen, ist das Verdienst des aus Bayern stammenden und regelmäßig in den USA dirigierenden Christian Reif. Als unverzichtbare Begleiterin beim Entstehungsprozess und bei etlichen Aufführungen der Bearbeitung steht die amerikanische Sopranistin Julia Bullock auch bei Paradisi gloria mit auf dem Podium.

Gesangstexte

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Eine zarte Vermählung europäischer Musik und lateinamerikanischer Texte
El Niño von John Adams

Von Giulio Biaggini

»Zwischen widersprechenden Engeln näherst du dich, wie sanfte Musik ergießt du dich, wie ein Becher mit Düften und Balsam« – der zeitgenössische Komponist John Adams vereint in seinem Oratorium El Niño die traditionelle Weihnachtsgeschichte mit neuer Dichtung, neuen Klängen und neuen Bildern. Eine »zarte Vermählung europäischer mittelalterlicher Musik und lateinamerikanischer Texte« nennt er sein auch szenisch aufführbares Werk zur Geburt Jesu aus dem Jahre 2000.

Inspiriert von einem Unwetter an der Pazifikküste 1997, das vom Wetterphänomen »El Niño« verursacht worden war, setzte Adams das Geschehen um Christi Geburt in Musik. Gemeinsam mit dem Librettisten Peter Sellars geht der Komponist über eine bloße Nacherzählung der Weihnachtsgeschichte hinaus: Denn die Ankunft des Messias sei wie ein »spiritueller Sturm, der die Korruption und den Zynismus der vorhergehenden Weltordnung verweht« habe. Adams legt nach eigener Aussage ein großes Gewicht auf das symbolische Geschichtenerzählen. In El Niño trifft mittelalterliche Marienverehrung auf ein aufgeklärtes Bild der Mutter Jesu. Marias Gedankenwelt und Mutterschaft werden von einer neuen Perspektive aus gedeutet. El Niño wirft Fragen zur Geburt und Wiedergeburt auch im Sinne eines Wandelns und Werdens mit Blick auf die gesellschaftspolitischen Spannungen Lateinamerikas an der Schwelle zum neuen Millennium auf. Zu Zitaten aus dem Lukas-Evangelium und den Apokryphen reihen sich unter anderem Verse des 17. Jahrhunderts von Sor Juana Inés de la Cruz sowie Gedichte der mexikanischen Poetin Rosario Castellanos. John Adams setzt auch Zeilen von Gabriela Mistral, Rubén Darío und Vicente Huidobro in Musik: »In den Gedichten geht es immer um den Geist, um die tiefsten Angelegenheiten unserer Existenz, aber sie sind in ein Netz von Bildern gegossen, wie ich sie in nordamerikanischen oder europäischen Texten noch nie gelesen habe.« Der Komponist verbindet in seinem Oratorium Castellanos Erinnerung an Tlatelolco, in der das Massaker der mexikanischen Polizei an jungen Studenten bei einem Protest 1968 beklagt wird, mit dem bethlehemitischen Kindermord. Ob beim Wunder der Geburt oder beim tragischen Leid, in El Niño schwingt stets die Frage mit, die John Adams ursprünglich als Titel des Werks vorgesehen hatte: How could this happen? – Wie konnte das geschehen?

Der 1947 in Massachusetts geborene Künstler orientiert sich stilistisch an der Minimal Music, die unter US-Amerikanern wie Steve Reich und Philip Glass eine erste Blüte erlebte. John Adams grenzt sich von diesen frühen Vertretern aber ab: »Ich habe nicht ihre verfeinerte, systematische Sprache«, so der Komponist, vielmehr beherzige er die gesamte musikalische Vergangenheit. Die Einflüsse in El Niño reichen von Hildegard von Bingen über Guillaume de Machaut und Händel bis in das 20. Jahrhundert. Die Musik in El Niño ist aber auch von bildnerischen Darstellungen geprägt: So erinnert Giottos Kunst den Komponisten »an die Kraft der Simplizität« und bietet seinem Oratorium nicht nur musikalisch ein Tor in eine andere Welt. Die historischen Untertöne der modernen Klänge und die Vergegenwärtigung der traditionellen Weihnachtsgeschichte verschaffen dem Oratorium El Niño auch knapp 24 Jahre nach seiner Uraufführung noch eine dringliche Aktualität. In der von Christian Reif unter Mitwirkung von Julia Bullock arrangierten und gekürzten Konzertfassung von El Niño tritt die Gegenwärtigkeit des Werks mit der verdichteten Besetzung noch direkter hervor.

Weitere Konzerte

Sa. 1. Feb, 20.00 Uhr
München, Prinzregententheater
Chor-Abo 24/25 (Grafik: Klaus Fleckenstein)
Hrvatska Misa – Kroatische Messe
Ivan Repušić dirigiert Frano Paraćs »Dona nobis pacem« und Boris Papandopulos »Kroatische Messe« d-Moll, op. 86
Sa. 22. Mrz, 20.00 Uhr
München, Herkulessaal der Residenz
Chor-Abo plus 24/25 (Grafik: Klaus Fleckenstein)
Sir Simon Rattle – musica viva
Sir Simon Rattle präsentiert mit BR-Chor und BRSO Werke von Pierre Boulez, Luciano Berio und Helmut Lachenmann
Sa. 5. Apr, 20.00 Uhr
München, Prinzregententheater
Chor-Abo 24/25 (Grafik: Klaus Fleckenstein)
Kreuzwege
Peter Dijkstra dirigiert »Via crucis« von Franz Liszt und »The Little Match Girl Passion« von David Lang
Sa. 24. Mai, 20.00 Uhr
München, Prinzregententheater
Chor-Abo 24/25 (Grafik: Klaus Fleckenstein)
Joik – Götter, Geister und Schamanen
Peter Dijkstra dirigiert Chormusik von Holst, Holten, Martin, Sandström und Mäntyjärvi
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