Gustavo Dudamel dirigiert Lateinamerikanisches und Schumann

1. Abo A des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks
Freitag
23
Oktober 2020
18.00 Uhr
München, Isarphilharmonie im Gasteig HP 8

Keine Konzerteinführungen
Keine Pause

Konzert in München
Freitag
23
Oktober 2020
20.30 Uhr
München, Philharmonie im Gasteig

Keine Konzerteinführungen
Keine Pause

Konzert in München
Samstag
24
Oktober 2020
18.00 Uhr
München, Philharmonie im Gasteig

Keine Konzerteinführungen
Keine Pause

Konzert in München
Samstag
24
Oktober 2020
20.30 Uhr
München, Philharmonie im Gasteig

Keine Konzerteinführungen
Keine Pause

Konzert in München
Sonntag
25
Oktober 2020
15.00 Uhr
München, Philharmonie im Gasteig

Keine Konzerteinführungen
Keine Pause

Konzert in München

Programm

José Antonio Abreu
Sol que das vida a los trigos
für Chor a cappella
Modesta Bor
Aquí te amo
für Chor a cappella
Antonio Estévez
Mata del ánima sola
für Chor a cappella

Andrew Lepri Meyer | Tenor-Solo

Robert Schumann
Symphonie Nr. 1
B-Dur, op. 38, »Frühlingssymphonie«

(18.00 Uhr)

Robert Schumann
Symphonie Nr. 4
d-Moll, op. 120

(20.30 Uhr)

Mitwirkende

Chor des Bayerischen Rundfunks
Howard Arman Einstudierung
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Gustavo Dudamel Leitung

Klingender Gruß aus Venezuela – Gustavo Dudamel ist wieder beim BRSO zu Gast! Der Chefdirigent des Los Angeles Philharmonic Orchestra hat sich für die fünf kurzen Konzerte etwas ganz Besonderes ausgedacht, das es in dieser dichten Folge beim BRSO noch nie gab: einen Schumann-Zyklus! Das musikalische Porträt des Meisters, der erst nach dem Auffinden der Großen C-Dur-Symphonie von Schubert zum eigenen symphonischen Schaffen angeregt wurde, setzt sich also zusammen aus der Frühlingssymphonie in B-Dur, der Zweiten in C-Dur, der Rheinischen in Es-Dur und der Vierten in d-Moll.

Voran gehen diesem Schumann-Fest die A-cappella-Chöre von José Antonio Abreu und Antonio Estévez sowie ihrer Kollegin Modesta Bor. Die drei berührenden Miniaturen, darunter ein Liebeslied nach Pablo Neruda, werfen ein Schlaglicht auf die Seele Lateinamerikas und sind ein klingender Gruß aus Gustavo Dudamels Heimat Venezuela.

Konzertvideo

Gustavo Dudamel © BR\Astrid Ackermann

Werkeinführungen

Chormusik aus Venezuela von José Antonio Abreu, Modesta Bor und Antonio Estévez
Von Florian Heurich

Mit dem Komponisten Reynaldo Hahn, der jedoch schon als Kind mit seiner Familie nach Paris emigrierte, und der Pianistin und Komponistin Teresa Carreño, die längere Zeit in Deutschland lebte, hat Venezuela bereits im 19. Jahrhundert einige bedeutende Künstler der klassischen Musik hervorgebracht. Teresa Carreño gründete in den 1880er Jahren die erste Opernkompanie in ihrem Heimatland und machte sich mit der Eröffnung des ersten Konservatoriums für die Musikerziehung in Venezuela stark. Heute ist das Kulturzentrum von Caracas mit Konzertsaal und Opernhaus nach ihr benannt. Die wichtigste Initiative für musikalische Förderung in jüngerer Zeit ist das von José Antonio Abreu ins Leben gerufene Projekt »El Sistema«, das Kindern und Jugendlichen aller Schichten Zugang zur Musik und zum Instrumentenspiel ermöglichen und so Gewalt, Drogenkonsum und schlechten Lebensbedingungen in benachteiligten Vierteln entgegenwirken soll. 1975 brachte Abreu erstmals elf junge Musiker zusammen, die damals noch in einer Tiefgarage in Caracas probten, und gründete das erste Jugendorchester Venezuelas. Damit legte er den Grundstein für das mittlerweile vielfach kopierte Musikbildungsprogramm, mit dem er durch gemeinsames Musizieren Kinder aus sozial schwachen Vierteln von der Straße holen wollte.

Mittlerweile besteht El Sistema aus mehr als 400 Musikschulen, über 1500 Orchestern und Chören mit mehr als einer Million Mitwirkenden. Größter Kulturbotschafter des Landes ist das Orquesta Sinfónica Simón Bolívar de Venezuela. Auch dessen langjähriger Chefdirigent Gustavo Dudamel, der berühmteste Absolvent von El Sistema, wurde von Abreu entscheidend gefördert.

José Antonio Abreu, 1939 in Valera im Landesinneren am Fuße der Anden geboren, war Zeit seines Lebens sowohl ein Mann der Politik als auch ein Mann der Musik. Er studierte nicht nur Klavier, Cembalo, Orgel und Komposition, sondern auch Wirtschaftswissenschaften, wurde in den Kongress gewählt und war in den frühen 1990er Jahren venezolanischer Kulturminister. Zugleich trat er aber auch als Dirigent, Pianist und Organist auf. In seinem Lebenswerk El Sistema verband er schließlich sein politisches und soziales Engagement mit seiner Vision von der Kraft der Musik.

In Abreus eigenen Werken mischen sich eine vorwiegend tonal geprägte Musiksprache mit stark impressionistischen Zügen und Anklänge an die venezolanische Folklore. Damit reiht sich Abreu in eine Linie von lateinamerikanischen Komponisten ein, die auf der Basis der Volksmusik eine nationale Kunstmusik in ihrem jeweiligen Land etablierten.

Das Lied »Sol que das vida a los trigos« aus dem Jahr 1964 widmete Abreu seinem Kompositionslehrer Vicente Emilio Sojo, der seinerseits stark von der Kultur und Literatur Venezuelas inspiriert wurde und sich für die Institutionalisierung des Musiklebens und der musikalischen Ausbildung einsetzte. Manuel Felipe Rugeles, der Verfasser des Textes von »Sol que das vida a los trigos«, gehörte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zu den wichtigen Stimmen der modernen venezolanischen Lyrik. Seine Verse, in denen die Sonne als Leben stiftende Kraft beschrieben wird, fasst Abreu in suggestive, gleichsam leuchtende Töne.

Mehr noch als Abreu beschäftigte sich Modesta Bor mit der venezolanischen Folklore. Sie wurde 1926 auf der Isla Margarita geboren, studierte wie Abreu u. a. bei Vicente Emilio Sojo, war später Direktorin der Musikabteilung des Servicio de Investigaciones Folklóricas Nacionales und leitete diverse Chöre. In diesem Zusammenhang entstanden zahlreiche Bearbeitungen venezolanischer Volkslieder für Chor. Überhaupt war Modesta Bors Domäne das Lied, entweder für Solostimme oder als mehrstimmige Chorarrangements, worin sich ihre Liebe zu den Gesängen und zur Lyrik ihrer Heimat zeigt.

In einer harmonisch reichen, neoklassischen Klangsprache, die durchzogen ist von Rhythmen aus der venezolanischen Volksmusik, vertonte sie vor allem Texte von Dichtern aus ihrem Heimatland. Insbesondere die Figur des Llanero, des Mannes aus den weiten Ebenen Venezuelas, des einfachen Viehhirten und Arbeiters vom Land, wird in dieser Lyrik und damit auch in Modesta Bors Vertonungen zu einer nationalen Symbolfigur stilisiert.

Für das Lied »Aquí te amo« allerdings griff sie auf ein Gedicht des Chilenen Pablo Neruda zurück – ein Stück Liebeslyrik, in dem sich das beglückende Gefühl des Verliebtseins mehr und mehr in Schmerz und Liebesleid wandelt. Durch Modesta Bors Komposition zieht sich der melancholische, sanft wiegende Rhythmus eines lateinamerikanischen Volksliedes, der die Wellen des Meers nachzuahmen scheint – jenes Meers, über das im Text sowohl die Küsse als auch die Traurigkeit des Verliebten davongetragen werden.

Ebenfalls als ein ehemaliger Schüler von Vicente Emilio Sojo schuf der 1916 geborene Antonio Estévez mit seiner Cantata criolla das wohl emblematischste Werk des musikalischen Nationalismus in Venezuela. Estévez stammte aus Calabozo, einer Stadt in den Llanos, den Ebenen im Landesinneren, durch die der Orinoco fließt. Die Kultur und das Brauchtum dieser Region wurden in der Literatur als Inbegriff Venezuelas verklärt. So handelt auch die Cantata criolla auf einen Text von Alberto Arvelo Torrealba von einem Llanero – und seinem Dialog mit dem Teufel. Torrealba, dessen Werke immer um das Leben in den Llanos kreisen, schrieb auch die Worte des Liedes »Mata del ánima sola«. In Estévez’ Vertonung wechseln nostalgisch getragene Passagen mit schnellen, rhythmischen Teilen ab, die im Takt eines Joropo, eines der bekanntesten venezolanischen Volkstänze, stehen. Die Musik beschwört die Einsamkeit der Ebene herauf, und ein Tenor-Solo repräsentiert den Gesang des Llanero. Im Joropo-Teil imitiert der Chor die traditionellen Begleitinstrumente dieses Tanzes: Die Alt- und Tenorstimmen verkörpern das Cuatro, eine kleine, viersaitige Gitarre, die Sopranstimmen die diatonische Harfe, während die Bässe die tiefen Töne der Gitarre singen. Dieses Lied steht quasi in kondensierter Form für die Kultur des ländlichen Venezuela und für die Musik des ganzen Landes, die Abreu mit seinem El Sistema zu einem Teil des Lebens gemacht hat.


Der Dirigent der Konzerte

Der venezolanische Dirigent Gustavo Dudamel schöpft seine Inspiration aus dem tiefen Glauben an die Kraft der Musik, Menschen zu vereinen und sozialen Wandel zu ermöglichen. Mit dem Ersten Preis beim Gustav Mahler Dirigentenwettbewerb der Bamberger Symphoniker 2004 begann seine weltweite Karriere: 2007 wurde Gustavo Dudamel Leiter der Göteborger Symphoniker (bis 2012), seit 2009 ist er der Chefdirigent des Los Angeles Philharmonic Orchestra, wo sein Vertrag erst kürzlich bis 2026 verlängert wurde. Bereits mit 18 wurde er Leiter des venezolanischen Simón-Bolívar-Jugendsymphonieorchesters. Das Orchester ist Teil des 1975 von José Antonio Abreu gegründeten Förderprogramms El Sistema, das Gustavo Dudamel selbst zunächst als Geiger, später als Dirigent durchlaufen hat und das ihn tief geprägt hat. El Sistema gibt Kindern und Jugendlichen, oft aus armen Verhältnissen, die Chance, ein Instrument zu lernen und im Ensemble zu spielen. Inspiriert von diesem Vorbild initiierte Gustavo Dudamel 2007 in Los Angeles das Jugendorchester YOLA, das sich besonders an Jugendliche aus benachteiligten Vierteln richtet. Weitere Programme der kulturellen und sozialen Teilhabe durch Musik ermöglicht auch die 2012 hinzugekommene Gustavo Dudamel Stiftung. Als charismatischer Fürsprecher der klassischen Musik und dank seiner Auftritte etwa bei der Oscar-Verleihung, der Super Bowl-Halbzeitshow oder in der Sesamstraße hat Gustavo Dudamel besonders in den USA und Lateinamerika neues Publikum erreicht und große Bekanntheit erlangt. 2019 wurde er dafür mit einem Stern auf dem Walk of Fame in Hollywood geehrt. In seiner Zeit als Chefdirigent des LA Philharmonic festigte er den Ruf des Orchesters als eines der international führenden. Mit Werken u. a. von Gabriella Ortiz, Andrew Norman, Paul Desenne, Arturo Márquez und Philip Glass sowie durch die Zusammenarbeit mit John Adams hat Gustavo Dudamel das Profil des Orchesters stark erweitert. Mit dem LA Philharmonic spielte er auch den größten Teil seiner umfangreichen Diskographie ein, die bereits mit zwei Grammys gekrönt wurde. Viele weitere der besten Orchester weltweit schätzen seine inspirierende und energetische Art zu musizieren: Gustavo Dudamel ist Ehrendirigent der Göteborger Symphoniker, ihn verbindet darüber hinaus eine regelmäßige Zusammenarbeit mit den Berliner Philharmonikern sowie den Wiener Philharmonikern. 2017 leitete er als bislang jüngster Dirigent deren Neujahrskonzert, 2018 unternahm er mit ihnen eine erfolgreiche Amerikatournee. Im selben Jahr debütierte er mit Verdis »Otello« an der Metropolitan Opera in New York.

Weitere Konzerte

Sa. 1. Feb, 20.00 Uhr
München, Prinzregententheater
Chor-Abo 24/25 (Grafik: Klaus Fleckenstein)
Hrvatska Misa – Kroatische Messe
Ivan Repušić dirigiert Frano Paraćs »Dona nobis pacem« und Boris Papandopulos »Kroatische Messe« d-Moll, op. 86
Sa. 22. Mrz, 20.00 Uhr
München, Herkulessaal der Residenz
Chor-Abo plus 24/25 (Grafik: Klaus Fleckenstein)
Sir Simon Rattle – musica viva
Sir Simon Rattle präsentiert mit BR-Chor und BRSO Werke von Pierre Boulez, Luciano Berio und Helmut Lachenmann
Sa. 5. Apr, 20.00 Uhr
München, Prinzregententheater
Chor-Abo 24/25 (Grafik: Klaus Fleckenstein)
Kreuzwege
Peter Dijkstra dirigiert »Via crucis« von Franz Liszt und »The Little Match Girl Passion« von David Lang
Sa. 24. Mai, 20.00 Uhr
München, Prinzregententheater
Chor-Abo 24/25 (Grafik: Klaus Fleckenstein)
Joik – Götter, Geister und Schamanen
Peter Dijkstra dirigiert Chormusik von Holst, Holten, Martin, Sandström und Mäntyjärvi
×