Bach pur
Konzerteinführung: 19.00 Uhr
Programm
Mitwirkende
Bachs Motetten waren die ersten Werke, die schon Jahrzehnte vor der Wiederaufführung der Matthäus-Passion die Bach-Renaissance einleiteten und eine bis heute ungebrochene Aufführungstradition aufweisen. Kein Wunder, sind sie doch jenseits des Gottesdienstes für verschiedene Anlässe einer frühen bürgerlichen Festkultur entstanden.
Den Saisonauftakt im Abo plus begehen BR-Chor und Howard Arman im spektakulär modernen Bau der Herz-Jesu-Kirche.
Einen solistisch-instrumentalen Kontrapunkt setzt Maximilian Hornung mit der c-Moll-Suite aus dem ebenso bedeutenden Zyklus für Violoncello solo des Leipziger Thomaskantors.
Die CD zum Konzert
»Der vorzügliche BR-Chor … ist stets transparent. … Eine Produktion, die in ihrer Sensibilität und in ihrem musikalischen Konzept stets überzeugt.« Das Orchester 3/2019
Werkeinführungen
Leichenbegängnis mit großer Musik
Bach als Motettenkomponist. Von Jörg Handstein
»Da man die besten nicht bekommen könne, müße man mittlere nehmen« – ohne diesen denkwürdigen Ausspruch eines Leipziger Bürgermeisters wäre die Welt vielleicht um viele der großartigsten Chorwerke ärmer. Der Stadtrat hatte ausgiebig darüber gestritten, wie die seit Juni 1722 freie Stelle des Thomaskantors zu besetzen sei: wie üblich mit einem braven Schulmusiker, der auch normalen Unterricht geben könne – oder mit einem berühmten Kapellmeister, mit dem sich Staat machen ließe. Als Kompromiss beschloss man, ausnahmsweise einen Kapellmeister zu wählen, es aber bei der Kantorenstelle zu belassen. Nicht gerade attraktiv für die Prominenz: Alle drei Spitzenkandidaten, Telemann, Graupner und Fasch, lehnten ab. Sodann wurden renommierte Organisten in Betracht gezogen. Johann Sebastian Bach, der bis dahin immerhin als Kapellmeister in Köthen diente, lag dabei nur an dritter Stelle. »Er excelliere im Clavier« befand man, und da auch sein Probestück »von allen […] sehr gelobet worden«, bekam er schließlich den Posten.
Obwohl es Bach »anfänglich gar nicht anständig seyn wolte, aus einem Capellmeister ein Cantor zu werden«, unterschrieb er am 5. Mai 1723 den Vertrag. Denn faktisch konnte er weiterhin wie ein Kapellmeister tätig sein, repräsentativ verantwortlich für den Großteil des Leipziger Musiklebens. Auch um dieses Selbstverständnis zu halten, beschloss er, verstärkt mit eigenen Kompositionen von höchstem Niveau hervorzutreten. Die Grenzen der üblichen Kantoratsmusik sollte er dabei in einem unerhörten Ausmaß sprengen. Bach dürfte sich bewusst gewesen sein, dass Leipzig damit die beste Musik bekam, die es überhaupt gab. Aber er ahnte nicht, dass eine von kultureller Sparpolitik geprägte Stadt ein anderes Pflaster war als ein kunstliebender Fürstenhof. Bezahlt wurde Bach nicht schlecht, aber noch ziemlich mittelalterlich: Das Gehalt bestand zum großen Teil aus so genannten Akzidentien, die von den städtischen Einnahmen abhingen. Das waren vor allem Bestattungsgebühren. Bach berichtete später: »Meine itzige station belaufet sich etwa auf 700 rthl [Reichstaler], und wenn es etwas mehrere […] Leichen gibt, so steigen auch nach proportion die accidentia; ist aber gesunde Lufft, so fallen hingegen auch solche [weg], wie [ich] denn letztes Jahr an […] Leichen accidentien über 100 rth. Einbuße gehabt.« Ein schlechtes Klima bringt also die besten Einnahmen!
Sein Vertrag verpflichtete Bach, bei allen »LeichBegängnüßen« seine Chorknaben zu begleiten. Das wäre bei rund 1200 Todesfällen jährlich eine starke Belastung gewesen. Zum Glück waren inzwischen so genannte stille Beisetzungen ohne kirchliches Zeremoniell üblich. Wer allerdings die traditionelle Motette am Grab haben wollte, konnte dafür acht Thomasschüler privat anmieten. Und je nach Geldbeutel natürlich auch ein eigenes Chorwerk in Auftrag geben. Aufgrund von Text und Charakter darf man annehmen, dass die meisten von Bachs Motetten für solche Trauerfälle bestimmt waren. Dokumentiert ist dies allerdings nur bei Der Geist hilft unser Schwachheit auf (BWV 226, heute nicht im Programm): Da handelte es sich um den 1729 verstorbenen Rektor der Thomasschule Ernesti, der ausnahmsweise noch ein feierliches »Begängnüß« bekam.
Auf jeden Fall bilden die zumeist in Bachs ersten Leipziger Jahren entstandenen Motetten eine eigene Werkgruppe, die abseits seiner übrigen geistlichen Musik steht: Sie waren nicht für die reguläre Kirchenliturgie bestimmt, sondern für private Anlässe. Damit sind sie je nach den Wünschen der Auftraggeber oder Bachs eigenen Ideen sehr individuell zugeschnitten. Gemeinsam – und im Gegensatz zu den »modernen« Kantaten – haben sie eine konservative Tendenz, und stehen in der Tradition der Vokalpolyphonie, die im 16. Jahrhundert zu höchster Blüte gelangt war. Der Chor kommt ohne obligates Orchester aus, mit dem Bach oft so große Wirkung erzielt. Allerdings gehört zur Aufführungspraxis eine schlichte instrumentale Begleitung mit Generalbass. Bach hat die Motetten sicher nicht a cappella singen lassen, allein schon, weil er die zumeist acht Stimmen mit seinen besten Schülern nur ein- oder zweifach besetzen konnte. Zum Ausgleich für das fehlende Orchester hat er den Vokalsatz noch etwas komplexer und detaillierter ausgefeilt als sonst: Auf engem Raum kommen alle möglichen Satztechniken, kontrapunktisch und konzertant, Choralsatz und Doppelchörigkeit, zum Einsatz. Mit äußerlich zurückgenommenen Mitteln gelingt Bach damit ebenso bedeutende und ausdrucksstarke Musik wie in seinen groß besetzen Werken. Bis heute bedeuten die Motetten für jeden Chor eine besondere Herausforderung.
Im Gegensatz zu seinen meisten anderen Werken verschwanden Bachs Motetten nicht mehr aus dem Repertoire der Thomaner. So konnte auch Mozart bei seinem Leipzig-Besuch 1789 eine Aufführung von Singet hören. In den Mozart-Anekdoten von Friedrich Rochlitz heißt es: »Kaum hatte das [!] Chor einige Takte gesungen, so stutzte Mozart – noch einige Takte da rief er: Was ist das? – Und nun schien seine ganze Seele in seinen Ohren zu seyn. Als der Gesang beendigt war, rief er voll Freude: Das ist doch einmal etwas, woraus sich lernen läßt!«
Motette für zwei vierstimmige gemischte Chöre
Entstehungszeit: vor 1731
Uraufführung: 1731 oder 1732
»Der saure Weg wird mir zu schwer«: Eher bescheidene Chorsänger werden diesen Vers aus Komm, Jesu, komm, sehr wörtlich nehmen müssen. Ja, unter den Thomasschülern soll das spätestens 1731 entstandene Werk auch unter dem Alternativtitel »Der saure Weg« firmiert haben. Hier lässt der Text nahezu sicher auf eine Begräbnisfeier schließen: Schon der Thomaskantor Johann Schelle (1648–1701) hatte ihn zum Tode eines Schulrektors komponiert. Die Kirchenlied-Dichtung von Paul Thymich (1656–1694) aus Großenhain bei Dresden, der Bach die erste und letzte Strophe entnahm, wurzelt in der Todes- und Jenseitssehnsucht, wie sie die für barock-protestantische Frömmigkeit typisch ist.
Mit eindringlichen, vom Doppelchor hin- und hergeworfenen Rufen eröffnet Bach den ersten Satz. Er ist wie eine klassische Motette gebaut: Jeder Vers des Textes erhält einen eigenen musikalischen Abschnitt, der die inhaltliche Aussage plastisch ins Bild setzt. Die Lebensmüdigkeit artikuliert sich in einer zugleich erschöpften wie angespannten, drängenden Ausdruckshaltung, der »saure Weg« wird zu einer gleichsam mühseligen, schmerzbeladenen Fuge. Dagegen steht ein Prozess der zunehmenden Belebung: Die »Komm«-Rufe sind nun in einen munter konzertierenden Satz eingepasst, »der rechte Weg« führt tänzerisch, mit leichtfüßigen Koloraturen zum ewigen Leben. Die Stimmverläufe steigern sich zu fast übermütiger Komplexität. Der zweite Satz gibt sich nur scheinbar als schlichter, vierstimmiger Schlusschoral. Die Oberstimme kommt melodisch so individuell und kunstvoll daher, dass der Titel »Aria« voll gerechtfertigt ist. Voll inniger Empfindung entschwebt die Seele zu Gott. Alles Schwere löst sich auf wundersame Weise auf.
Motette für zwei vierstimmige gemischte Chöre
Entstehungszeit: um 1726; neuere Forschungen verweisen
auf eine Entstehung während Bachs Weimarer Jahre von 1708 bis 1717
Uraufführung: nicht bekannt
Bach ziseliert selbst kleinräumige, zweisätzige Motetten zu großen Kunstwerken. Das gilt auch fürFürchte dich nicht, ich bin bei dir. Wie in den längeren Werken greifen hier Bibeltext und Choraldichtung sinnig ineinander: Fürchte dich nicht, »du bist mein«, ruft Gott nach Jesaja seinem Schäflein zu, und dieses antwortet nach Paul Gerhardt »Herr, mein Hirt, … du bist mein, ich bin dein.« Die textlichen Bezüge dieser Zwiesprache zwischen Gott und Gläubigem strukturieren auch die Vertonung, verklammern ihren Aufbau zu einer fest gefügten Form. Allein schon diese Form symbolisiert die Stärke, Verbundenheit und Heilsgewissheit, die das Stück den Sterblichen vermitteln will.
So hat diese Trauermusik in A-Dur auch einen überraschend hellen, freundlichen Grundcharakter: kleine, bewegliche Motive bestimmen den Ablauf, der synkopische Rhythmus des »Fürchte dich nicht« verleiht dem Ruf etwas spontan Aufmunterndes. Die beiden Chorhälften führen hier einen angeregten Dialog, der sich gegen Ende des ersten Satzes kontrapunktisch stark verdichtet. Zum zweiten Satz vereinen sich die Chöre dann in einer vierstimmigen Choralbearbeitung. Bach verknüpft eine Doppelfuge über den Bibeltext mit der Choralmelodie im Sopran. Vor allem in Thüringen gehörte ein solches Verfahren zum Handwerk, weshalb manche Forscher das Stück in Bachs Weimarer Zeit um 1715 datieren. Entscheidend ist aber Bachs künstlerische Idee: Während eine Stimme der Doppelfuge chromatisch nach unten absackt, schwingt sich die andere lebhaft in die Höhe. Typische Figuren für Schmerz und Freude erklingen gleichzeitig, man spürt den schwankenden Boden des irdischen Jammertals, aber die Dichte und Festigkeit der polyphonen Struktur zementieren nochmals die unerschütterliche Gewissheit des Glaubens.
Motette für fünfstimmigen gemischten Chor
Entstehungszeit: zwischen 1723 und 1735
Uraufführung: vielleicht anlässlich der Begräbnisfeier
von Johanna Maria Kees, Oberpostmeisterwitwe, am 18. Juli 1723
Traditionell besteht eine Motette aus aneinandergereihten Abschnitten. Bach allerdings weist der Architektur eine neuartige, auch sinntragende Rolle zu. Das zeigen schon die beschriebenen Stücke, besonders eindrucksvoll aber sein monumentalstes Werk dieser Gattung: Jesu, meine Freude. Zwei identische Choralsätze bilden den Rahmen für einen vollkommen symmetrischen Aufbau. Zweiter und vorletzter Satz sind klassische Motetten und beruhen musikalisch auf demselben Material. Dazwischen stehen zwei Satzgefüge aus Choralbearbeitungen, die jeweils ein Terzett umrahmen. Die Symmetrieachse bildet ein großer, für sich stehender Mittelsatz. Insgesamt sind das elf (!) Teile, und allein diese Ausmaße werfen einige Fragen auf: Wer hat ein solches Werk in Auftrag gegeben? Hat Bach es nach den Wünschen (und den finanziellen Möglichkeiten) des Auftraggebers so mächtig gebaut oder aus rein künstlerischen Erwägungen, etwa weil ihn das Thema besonders inspirierte? Nach der These eines Forschers soll Jesu, meine Freude für das Begräbnis der Oberpostmeisterwitwe Johanna Maria Kees im Juli 1723 bestimmt gewesen sein, doch eigentlich kann man nicht mehr sagen als dass die Motette wahrscheinlich zwischen 1723 und 1735 entstand. Die Fünfstimmigkeit mit zwei Sopranen erinnert an das Magnificat, mit dem sich Bach erstmals glanzvoll als Leipziger Thomaskantor präsentierte. Der Bach-Forscher Christoph Wolff vertritt die These, Bach habe die Motetten zum Training seiner Singknaben verwendet und dabei speziell bei Jesu, meine Freude »Chorübung und theologische Erziehung« miteinander verbunden. Auf jeden Fall sind hier Kirchenlieddichtung und Bibeltext geradezu lehrhaft verknüpft: Die Choralstrophen alternieren mit Sprüchen aus dem Römerbrief. Dieser regelmäßige Wechsel gliedert und betont die strenge Symmetrie des Werkes, bildet aber auch eine Art geistlichen Dialog: Man beachte, wie logisch Bach die beiden Texte verknüpft, so dass sich ein einziger, überzeugender Gedankengang ergibt.
Auffällig ist auch die stark rhetorische Vertonung des Textes: Man spürt hier den Sprachgestus eines Predigers, der seine Botschaft möglichst bildhaft und packend vermitteln möchte. Da gibt es eindringliche Pausen und Ausrufe, da wird gedonnert und geflüstert, da werden Wörter wie »Trotz«, »toben« und »Abgrund« plakativ ausgestellt, da wird geradezu einlullend der Seelenfrieden beschworen. Die zentrale Polarität von »geistig« und »fleischlich« setzt auch die Musik unter Spannung, und die dramatischen Bilder dynamisieren die eigentlich statische Form der Architektur. Exakt in deren Mittelpunkt, sozusagen unter der Kuppel des symmetrischen Zentralbaus, befindet sich das Allerheiligste des Werkes: Eine Fuge, die die zentrale Botschaft über den »Geist« glanzvoll ins Licht rückt. Man beachte auch, wie dynamisch der Satz vorwärtsdrängt, nicht nur angetrieben von den motorisch-virtuosen Sechzehntelpassagen des ersten Themas, sondern auch durch die kontrapunktische Verdichtung: So erklingt das zweite Thema (über »Gottes Geist«) gleich in schnellster Einsatzfolge, einer so genannten Engführung. Im Rest des Stückes stoßen beide Themen auch noch simultan aufeinander. In dieser Musik wohnt wirklich ein besonderer Geist und eine Kraft, die sich auch den folgenden Sätzen mitteilt, bis mit dem »Gute Nacht« Ruhe einkehrt. Bach belässt es nicht bei der grandiosen Architektur, sondern schafft darin Leben, Wärme und Bewegung.
Motette für zwei vierstimmige gemischte Chöre
Entstehungszeit: zwischen Juni 1726 und April 1727
Uraufführung: nicht bekannt
Während Jesu, meine Freude deutlich als Trauermusik konzipiert ist, liegt das bei der zwischen Juni 1726 und April 1727 entstandenen Psalmmotette Singet dem Herrn ein neues Lied nicht so nahe. Der lobpreisende Jubelton erscheint eher unpassend für ein Leichenbegängnis. So hat die Forschung allerlei andere Hypothesen über ihre Verwendung aufgestellt. Doch wie bereits ersichtlich, hatte der Tod im Barock auch eine freudige Seite. Der Hinweis auf die Vergänglichkeit (»wir sind nur Staub«) im zentralen Choralsatz würde ohnehin gut in eine Trauermusik passen. Zudem zitiert Bach an der Stelle »Drum sei du unser Schirm« die Melodie eines bekannten Grabliedes. Im Text heißt es dort über die Seele: »So nimm sie, Herr, in deine Händ; / ist alles gut, wenn gut das End.«
Schon der Beginn wirft ein Licht auf die Komplexität und virtuosen Anforderungen des Werkes. Der erste Chor ruft »Singet«, der andere leistet der Aufforderung unverzüglich, ja simultan Folge: Lebhaft sprudelt er eine lange Koloratur hervor, verflochten zur dreistimmigen Girlande. Der beginnende Chor will da nicht zurückstehen und mischt sich ebenfalls ein, bis beide im Wechsel deutlich verkünden, dass es um »ein neues Lied« geht. In immer neuen Konstellationen entfaltet sich nun der Dialog der Chöre. Der zweite Teil ist eine Fuge über »Die Kinder Zions sei’n fröhlich«. Aber noch während der erste Chor das lange, brillant figurierte Thema vorstellt, kehrt der zweite Chor wieder zum »Singet« zurück: Genial und kunstvoll verknüpft Bach beide Teile zu einem Ganzen. In gewissem Sinn erklingen hier zwei verschiedene Musikstücke gleichzeitig! Dann mischen sich die Chöre zu einem fröhlichen Ineinander von sieben Stimmen. Nicht zufällig ähnelt das Fugenthema dem Brandenburgischen Konzert Nr. 2: auch dieses grandiose Stück ist letztlich ein schneller Konzertsatz – wie sich überhaupt die ganze Motette an der Form des italienischen Concerto orientiert.
Der langsamere »Mittelsatz« wirkt nach dem polyphonen Feuerwerk äußerst schlicht, aber auch er ist wieder in zwei eigenständigen Schichten angelegt: Der zweite Chor singt einen vierstimmigen Choral, der erste antwortet mit frei komponierten und beweglicher figurierten Passagen. Diese Aria kommentiert dabei die textliche Aussage des Vanitas-Chorals mit der hoffnungsvollen Bitte um göttlichen Beistand. Aufgrund deren subjektiv empfundenen Haltung liegt es nahe, den ersten Chor auf ein Solistenensemble zu beschränken. Im wiederum freudig lobpreisenden »Finale« ist der doppelchörige Wechsel so inszeniert, als ob die Chöre sich in ihrer Lebhaftigkeit spontan nacheifern würden. Immer schneller erfolgt der Schlagabtausch bis sie sich kurz zu prangender Achtstimmigkeit vereinen. Gemeinsam – »Alles was Odem hat« – singen sie die vierstimmige Schlussfuge, die ein hurtiges und tänzerisches Finale bildet, wie es sich für ein richtiges Konzert gebührt.
Ein Duett mit sich selbst
Von Adrienne Walder
Suite für Violoncello Nr. 5 c-Moll, BWV 1011
Entstehungszeit: vor 1726
Quelle: Ein Kompositionshandschrift ist nicht überliefert.
Die früheste Abschrift stammt von Bachs zweiter Ehefrau
Anna Magdalena, notiert zwischen 1727 und 1731
Uraufführung: nicht bekannt | Erstdruck: 1824 in Paris bei Janet et Cotelle
Seit Beginn des 17. Jahrhunderts bildet der so genannte Generalbass im besten Sinn des Wortes das »Fundament« der Musik. Notiert ist dabei die tiefste Stimme der Begleitung, aus der sich dem Continuo-Spieler die dazugehörige Harmonie mit Hilfe einer musikalischen Kurzschrift erschließt und sie auf einem Tasteninstrument aus dem Stegreif dazu spielt. Selbst wenn sich hin und wieder ein Werk aus dem Generalbasszeitalter (das sich übrigens mit der Epoche des Barock deckt) »Solo-Sonate« nennen mag, ist doch im Hintergrund bestimmt solch ein begleitendes »Continuo« dabei, um die Melodie des Solisten mit Akkorden zu unterstützen. Das Repertoire für Soloinstrumente ohne weitere Begleitung (mit Ausnahme natürlich von Tasteninstrumenten, wo mehrstimmiges Spiel von einer Person ausgeführt wird) – ist überschaubar. Gleich zwei Meilensteine stechen daraus hervor: Bachs Sonaten und Partiten für Violine solo sowie die sechs Suiten für Violoncello solo.
In dieser außergewöhnlichen musikalischen Situation, so ganz ohne »schützenden« Generalbass, könnte Monotonie zu erwarten sein, ein nackter Klang ohne Fundament oder harmonisches Gerüst. Nicht so bei Bach, der eine simple wie effektive Lösung findet: Der Solist begleitet sich ganz einfach selbst! Dem Violoncello ist diese Technik zumindest in einem Aspekt auf den Leib geschrieben, deckt doch seine untere Oktave das Bassregister ab, während es in der Höhe an die Diskantlage heranreicht. Zudem besteht die Möglichkeit, mit Doppelgriffen, wenn auch unter großen technischen Anforderungen, zwei Stimmen gleichzeitig zu spielen.
Ein Duett eines Einzelnen mit sich selbst also? Nicht unbedingt, denn neben der realen Mehrstimmigkeit kommt in den Cellosuiten eine versteckte zum Tragen: Durch springende Stimmführung wird eine scheinbare Trennung in Ober- und Unterstimme erzeugt, die in Wirklichkeit nie miteinander sondern stets nur nebeneinander erklingen. Die polyphonen Kompositionstechniken, die in Bachs Klaviermusik so virtuos umgesetzt sind, kommen aber auch auf dem Solocello nicht zu kurz. So folgt etwa im Prélude der Suite Nr. 5 in c-Moll gemäß der französischen Ouvertürenform auf eine langsame Einleitung ein schnellerer, fugierter Teil. Tatsächlich entspricht diese Fuge allen Regeln der Kunst mit ihren vier Themeneinsätzen und den überleitenden Zwischenspielen – nur dass sie eben von einem Solisten allein bestritten wird.
In keiner der anderen Suiten ist die Nähe zur Mehrstimmigkeit so groß, betont der Musikwissenschaftler Hans Eppstein, der denn auch die Theorie vertritt, dass die c-Moll-Suite als erste der sechs entstanden sei: »Als Bach die Arbeit an den Werken für Solostreicher begann, musste er das Problem lösen, Satzformen, die traditionell dem Klavier und seiner Mehrstimmigkeit angehörten, dem Streichinstrument anzupassen […]. So nahm er als Material kurzerhand eine anscheinend überzählige Englische Suite […] und machte sie zum Solo für Cello.« Erst nach der Transkription dieses (keineswegs belegten!) Klavierwerks sei sich Bach der »Reichweite dieser Aufgabe« bewusst geworden und habe fortan bei den neu komponierten restlichen Suiten die Möglichkeiten des Cellos besser berücksichtigt.
Eppsteins Theorie dient auch als mögliche Erklärung dafür, dass Bach nur in der c-Moll-Suite die Skordatur vorschreibt, der Cellist also die A-Saite seines Instruments um einen Ganzton auf G hinunterzustimmen hat. Dadurch, dass die oberen zwei Saiten des Cellos nun zueinander nicht mehr im Quintabstand stehen, werden mache Doppelgriffe einfacher oder andere überhaupt erst spielbar. Aber die bessere Spielbarkeit ist durchaus nicht der einzige Effekt der Skordatur. Gerade die A-Saite verliert durch das Herabstimmen an Spannung und somit an Brillanz, der Klang wird dumpf, ja düster. Die Herausgeber des letzten Jahrhunderts versuchten diesen Effekt zu umgehen und fertigten Ausgaben der Suite für »normal«, also durchgängig in Quinten gestimmtes Cello an – und wurden damit möglicherweise der beabsichtigten Klanglichkeit nicht gerecht.
Dass »die Sonorität des Instruments beeinträchtigt« wird, wie es in einer Ausgabe des Peters-Verlages von 1911 so treffend formuliert ist, passt hervorragend zum Charakter der c-Moll-Suite, ganz abgesehen von den spezifischen Charakteristika, die man früher den Tonarten zugeschrieben hatte. Johann Joachim Quantz nannte c-Moll in seiner Flötenschule von 1752 besonders geeignet, den »traurigen Affect« auszudrücken, Christian Friedrich Daniel Schubart hörte darin »jedes Schmachten, Sehnen, Seufzen der liebetrunknen Seele« (Ideen zu einer Ästhetik der Tonkunst, 1784) und Ferdinand Gotthelf Hand den »Ausdruck der Wehmuth, der Trauer, des Verlangens nach Trost« (Ästhetik der Tonkunst, 1837) – fraglos gibt die c-Moll-Suite doch einen Vorgeschmack darauf.
Die Sarabande mit ihrer Chromatik etwa ist von solch düsterer Melancholie, entspricht dabei in ihrem völligen Verzicht auf Doppelgriffe dem Ideal des schweren, volltönenden Sarabande-Tanzes so wenig und lotet die Grenzen der Expressivität so sehr aus, dass sie zu Recht als »kompositorisches Wunderwerk« (Arnold Werner-Jensen) bezeichnet wurde. Die Verdunkelung der hohen Töne verstärkt dabei den dramatischen Effekt.
Das Herabstimmen der A-Saite auf G findet sich in der Cellotradition sehr selten, vielleicht am häufigsten in der Bologneser Schule des 17. Jahrhunderts. Umso ironischer erscheint es, dass gerade die c-Moll-Suite stilistisch unter ihren Schwestern am wenigsten »italienisch« ist: Die französischen Satzbezeichnungen entsprechen hier größtenteils tatsächlich den französischen Tänzen, deren Stilisierung sie darstellen, statt – wie mehrfach in den übrigen Suiten – deren italienischen Pendants. Angefangen beim oben erwähnten Prélude, das mit den scharfen Punktierungen in seiner getragenen Einleitung das Modell einer französischen Ouvertüre aufgreift, geht dies weiter über die Allemande zur Courante, die mit ihren gewichtigen Doppelgriffen schwerfälliger wirkt als die italienischen Correnten der anderen Suiten. Nach dem Ausnahmesatz Sarabande und den beiden nachfolgenden, rascheren Gavotten– einem der französischen Tänze schlechthin – endet die Suite mit einer Gigue, welche die Punktierungen des Prélude wieder aufnimmt. Die sechs Sätze der Suite sind also nicht einfach nur aneinandergereiht, sondern es bestehen motivische Bezüge zwischen ihnen.
Wie diese sechs Einzelsätze als Suite zusammengefasst sind, so gehört auch die c-Moll-Suite selbst einem größeren Ganzen an, einem Zyklus von sechs Suiten mit enormer Vielfalt und knapp zweieinhalb Stunden Dauer: von den unterschiedlichen geforderten Spieltechniken über die kompositorischen Mittel bis hin zum Durchschreiten einer weiten emotionalen Bandbreite. So verwundert es wenig, dass Bachs Suiten kaum Nachfolger gefunden haben: Erst im 20. Jahrhundert erweiterten Komponisten wie Zoltán Kodály oder Max Reger das Repertoire der Cellosuiten – wohlgemerkt nicht ohne Verneigung vor dem Meister. Bachs Zyklus ist und bleibt die Referenz schlechthin.
Im Anfang war die Motette
Zur Geschichte einer alten Gattung. Von Jörg Handstein
Zu Beginn des 13. Jahrhunderts vergnügten sich Pariser Kleriker mit der Komposition kleiner mehrstimmiger Stücke über liturgische Melodien. Das Ergebnis war oft sehr unklerikal: Sie waren etwa imstande, über einem Choralausschnitt mit dem Text »Dominus« die »Dame que j’aim et desir« (»die Dame, die ich liebe und begehre«) zu besingen. Auch die Kombination mit einem weiteren Text war möglich. Die Satztechnik entsprach der damals modernsten Kirchenmusik: Erstmals konnten einzelne Stimmen rhythmisch aufeinander bezogen werden. Damit war überhaupt erst so etwas wie das Komponieren von Musik möglich. Genannt wurden diese zunächst eher weltlichen Stückchen Motetus, nach dem altfranzösischen Wort »mot« (Wort, Vers, Strophe), von dem wahrscheinlich die Verkleinerungsform gemeint ist.
Nicht alle waren begeistert über diese Errungenschaft, die angeblich besonders beliebt war bei »jungen Männern und Ungebildeten zur Verweichlichung ihrer Gemüter«. Aber die Motette setzte sich durch, wurde immer kunstvoller verfeinert, und ihre kontrapunktische Satztechnik entwickelte sich in der Renaissance zum Sinnbild der Kunstmusik überhaupt: »Motettisch« war eigentlich fast alles komponiert, und im 16. Jahrhundert wurde sie zum Inbegriff frommer Kirchenmusik.
Im Barock wurde allerdings dieser »Stylus motecticus« bereits als altertümlich empfunden. Der neue affektive Konzertstil übernahm die Vorherrschaft. Auch Motetten konnten jetzt konzertieren oder solistisch gesungen werden. Überhaupt: Mit der stolzen Gattung ging es zu Ende. Alles Mögliche konnte ihren Namen tragen. Bachs nicht für die Liturgie bestimmten Chorwerke ebenso wie Mozarts opernhaftes Exsultate, jubilate. Fromme Romantiker ließen sogar die stilreine Motette des 16. Jahrhunderts wieder aufleben. Als Gemeinsamkeit bleibt eigentlich nur: Eine Motette ist ein über Worte komponiertes Musikstück.
Mitwirkende
Vielseitigkeit gehört zu den wichtigsten musikalischen Anliegen des in London geborenen Dirigenten, Chorleiters und Komponisten Howard Arman, der seit Herbst 2016 Künstlerischer Leiter des BR-Chores ist. So profiliert er sich in allen Epochen, Genres und Darbietungsformen der klassischen Musik: vom historisch informierten Barockkonzert über Chorsymphonik und Oper bis hin zu Jazzprogrammen und breitenwirksamen, selbst moderierten Mitsingkonzerten.
Howard Arman ließ sich am Trinity College of Music in London ausbilden, bevor er zunächst mit renommierten englischen Ensembles kooperierte und schon bald seinen Wirkungskreis auf Europa ausweitete. In Deutschland arbeitete er mit den Chören des NDR, des SWR und des RIAS Berlin zusammen. Längerfristige künstlerische Bindungen ging er von 1983 bis 2000 beim Salzburger Bachchor sowie von 1998 bis 2013 als Künstlerischer Leiter des MDR Rundfunkchores Leipzig ein. Bereits 1995 trat Howard Arman erstmals bei den Salzburger Festspielen in Erscheinung. Neben seinem internationalen Wirken als Chor- und Orchesterdirigent leitete er vielbeachtete Produktionen an Opernhäusern in Deutschland, Österreich, Italien und in der Schweiz.
Für die Neuformierung des Händel-Festspielorchesters anlässlich der Inszenierung von Orlando wurde Howard Arman 1996 mit dem Händel-Preis geehrt. Von 2011 bis Juli 2016 war er Musikdirektor des Luzerner Theaters, wo er u. a. Händels Hercules, Mozarts Le nozze di Figaro, Rossinis La Cenerentola, Bizets Carmen und Richard Strauss’ Ariadne ebenso wie das Tanztheater Metamorphosen (mit eigenen Kompositionen) und die Uraufführung von Johannes Maria Stauds Die Antilope leitete.
Seine umfangreiche Diskographie enthält etwa die mit dem ECHO Klassik prämierten Einspielungen von Rachmaninows Chorwerk Das große Abend- und Morgenlob sowie Grauns Der Tod Jesu. Beim Chor des Bayerischen Rundfunks war Howard Arman seit 2002 immer wieder zu Gast und präsentierte etwa Händels Funeral Anthem for Queen Caroline, Purcells Ode on St Cecilia’s Day 1692 sowie das Mitsingkonzert cOHRwürmer, »Christmas Classics« und die viel beachteten Aufführungen von Händels selten gespieltem Occasional Oratorio (auf CD erhältlich).
Der Cellist Maximilian Hornung hat die internationalen Konzertpodien im Sturm erobert. 1986 in Augsburg geboren, erhielt er mit acht Jahren seinen ersten Cellounterricht und studierte bei Eldar Issakadze, Thomas Grossenbacher und David Geringas. 2005 ging er als Sieger des Deutschen Musikwettbewerbs hervor, 2007 gewann er als Mitglied des Tecchler Trios den Ersten Preis beim ARD-Musikwettbewerb. Mit nur 23 Jahren wurde er Erster Solocellist beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und blieb bis 2013 in dieser Position. Seither konzertiert er mit vielen renommierten Klangkörpern und Musikern, so spielte er etwa Brahms’ Doppelkonzert mit Anne-Sophie Mutter und dem BR-Symphonieorchester unter Mariss Jansons sowie mit Lisa Batiashvili und dem London Philharmonic Orchestra unter Yannick Nézet-Séguin. Ferner war er beim Philharmonia Orchestra, beim Tonhalle-Orchester Zürich, bei der Tschechischen Philharmonie sowie bei den Wiener und den Bamberger Symphonikern zu Gast.
Einladungen erhielt Maximilian Hornung von den Festivals in Salzburg, Luzern, Verbier und Ravinia. Dabei arbeitete er u. a. mit den Dirigenten Bernard Haitink, Daniel Harding, Mario Venzago, Manfred Honeck, Esa-Pekka Salonen, Jiří Bělohlávek, Jonathan Nott, Robin Ticciati und Semyon Bychkov zusammen. Zu Maximilian Hornungs Kammermusikpartnern zählen Hélène Grimaud, Christian Tetzlaff, François Leleux, Yefim Bronfman und Tabea Zimmermann.
Von seinen zahlreichen Aufnahmen wurden viele ausgezeichnet, darunter die Einspielung von Dvořáks Cellokonzert mit dem ECHO Klassik 2012 als »Konzerteinspielung des Jahres«. Daneben sind in letzter Zeit ein Richard-Strauss-Album sowie eine CD mit den Cellokonzerten von Joseph Haydn und Vaja Azarashvili erschienen.
Gesangstexte
Johann Sebastian Bach
Komm, Jesu, komm, BWV 229
Chor Komm, Jesu, komm, mein Leib ist müde,
die Kraft verschwindt je mehr und mehr,
ich sehne mich nach deinem Friede;
der saure Weg wird mir zu schwer!
Komm, komm, ich will mich dir ergeben;
du bist der rechte Weg, die Wahrheit und das Leben.
Aria Drum schließ ich mich in deine Hände
und sage, Welt, zu guter Nacht!
Eilt gleich mein Lebenslauf zu Ende,
ist doch der Geist wohl angebracht.
Er soll bei seinem Schöpfer schweben,
weil Jesus ist und bleibt der wahre Weg zum Leben.
Paul Thymich (1684)
Johann Sebastian Bach
Fürchte dich nicht, ich bin bei dir, BWV 228
Chor I/II Fürchte dich nicht, ich bin bei dir; weiche nicht, denn ich bin dein Gott! Ich stärke dich, ich helfe dir auch, ich erhalte dich durch die rechte Hand meiner Gerechtigkeit. Jesaja 41,10
Chor I/II unisoni (Alt/Tenor/Bass) Fürchte dich nicht, denn ich habe dich erlöset, ich habe dich bei deinem Namen gerufen, du bist mein. Jesaja 43,1
Chor I/II unisoni (Sopran)
Herr, mein Hirt, Brunn aller Freuden,
du bist mein,
ich bin dein,
niemand kann uns scheiden.
Ich bin dein, weil du dein Leben
und dein Blut
mir zugut
in den Tod gegeben.
Du bist mein, weil ich dich fasse
und dich nicht,
o mein Licht,
aus dem Herzen lasse.
Lass mich, lass mich hingelangen,
da du mich
und ich dich
lieblich werd’ umfangen. Paul Gerhardt (1653)
Chor I/II
Fürchte dich nicht, du bist mein! Jesaja 43,1
Johann Sebastian Bach
Jesu, meine Freude, BWV 227
I. Choral
Jesu, meine Freude,
meines Herzens Weide,
Jesu, meine Zier,
ach wie lang, ach lange
ist dem Herzen bange
und verlangt nach dir!
Gottes Lamm, mein Bräutigam,
außer dir soll mir auf Erden
nichts sonst Liebers werden.
Text der Choralstrophen: Johann Franck (1653)
II. Chor
Es ist nun nichts Verdammliches an denen, die in Christo Jesu sind, die nicht nach dem Fleische wandeln, sondern nach dem Geist. Römer 8,1
III. Choral
Unter deinem Schirmen
bin ich vor den Stürmen
aller Feinde frei.
Lass den Satan wittern,
lass den Feind erbittern,
mir steht Jesus bei.
Ob es itzt gleich kracht und blitzt,
ob gleich Sünd und Hölle schrecken:
Jesus will mich decken.
IV. Terzett
Denn das Gesetz des Geistes, der da lebendig machet in Christo Jesu, hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes. Römer 8,2
V. Choral
Trotz’ dem alten Drachen,
trotz’ des Todes Rachen,
trotz’ der Furcht darzu!
Tobe, Welt, und springe,
ich steh’ hier und singe
in gar sichrer Ruh.
Gottes Macht hält mich in Acht;
Erd’ und Abgrund muss verstummen,
ob sie noch so brummen.
VI. Chor
Ihr aber seid nicht fleischlich, sondern geistlich, so anders Gottes Geist in euch wohnet. Wer aber Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein. Römer 8,9
VII. Choral
Weg mit allen Schätzen!
Du bist mein Ergötzen,
Jesu, meine Lust!
Weg, ihr eitlen Ehren,
ich mag euch nicht hören,
bleibt mir unbewusst!
Elend, Not, Kreuz, Schmach und Tod
soll mich, ob ich viel muss leiden,
nicht von Jesu scheiden.
VIII. Terzett
So aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot um der Sünde willen; der Geist aber ist das Leben um der Gerechtigkeit willen. Römer 8,10
IX. Quartett (Choral)
Gute Nacht, o Wesen,
das die Welt erlesen,
mir gefällst du nicht.
Gute Nacht, ihr Sünden,
bleibet weit dahinten,
kommt nicht mehr ans Licht!
Gute Nacht, du Stolz und Pracht!
Dir sei ganz, du Lasterleben,
gute Nacht gegeben.
X. Chor
So nun der Geist des, der Jesum von den Toten auferwecket hat, in euch wohnet, so wird auch derselbige, der Christum von den Toten auferwecket hat, eure sterbliche Leiber lebendig machen um des willen, dass sein Geist in euch wohnet. Römer 8,11
XI. Choral
Weicht, ihr Trauergeister,
denn mein Freudenmeister,
Jesus, tritt herein.
Denen, die Gott lieben,
muss auch ihr Betrüben
lauter Zucker sein.
Duld ich schon hier Spott und Hohn,
dennoch bleibst du auch im Leide,
Jesu, meine Freude.
Johann Sebastian Bach
Singet dem Herrn ein neues Lied, BWV 225
Chor Chor I/II Singet dem Herrn ein neues Lied,
die Gemeine der Heiligen sollen ihn loben.
Israel freue sich des, der ihn gemacht hat.
Die Kinder Zions sei’n fröhlich über ihrem Könige,
sie sollen loben seinen Namen im Reihen,
mit Pauken und mit Harfen sollen sie ihm spielen. Psalm 149,1–3
Aria/Choral
Chor I Gott, nimm dich ferner unser an,
denn ohne dich ist nichts getan
mit allen unsern Sachen.
Drum sei du unser Schirm und Licht,
und trügt uns unsre Hoffnung nicht,
so wirst du’s ferner machen.
Wohl dem, der sich nur steif und fest
auf dich und deine Huld verlässt. Unbekannter Textdichter
Chor II Wie sich ein Vater erbarmet
über seine junge Kinderlein,
so tut der Herr uns allen,
so wir ihn kindlich fürchten rein.
Er kennt das arm Gemächte,
Gott weiß, wir sind nur Staub,
gleich wie das Gras vom Rechen,
ein Blum und fallend Laub!
Der Wind nur drüber wehet,
so ist es nicht mehr da,
also der Mensch vergehet,
sein End das ist ihm nah. Johann Gramann (1530)
Chor Chor I/II Lobet den Herrn in seinen Taten,
lobet ihn in seiner großen Herrlichkeit!
Alles, was Odem hat, lobe den Herrn, halleluja! Psalm 150,2/6